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28. Oktober 2016, von Michael Schöfer
Hinter jedem Blatt oder Sender stehen Interessen


Der ehemalige deutsche Staatssekretär Willy Wimmer hat laut dem Blog von Ulrich Heyden auf der Website des Freitag beim russischen Fernsehsender Rossija 24 Folgendes gesagt: "Wenn es RT und Sputnik nicht gäbe, würde man nur noch 'die Kriegstrommeln' hören." Soll wohl heißen, die deutschen Medien berichten einseitig und sind kriegslüstern, die russischen jedoch nicht.

Sputnik gehört laut Wikipedia der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja, deren Leiter Dmitri Kisseljow als glühender Unterstützer von Wladimir Putin gilt. Es soll nationalistische, fremdenfeindliche und homophobe Aussagen von Kisseljow geben. Russia Today (RT) wiederum ist ein vom russischen Staat finanzierter Auslandsfernsehsender (hierzulande als Webportal RT Deutsch). Das sollte man zur Einordnung schon wissen.

Hinter jedem Blatt oder Sender stehen natürlich Interessen, das ist in Russland nicht anders als in Deutschland. Allerdings dürfte das Meinungsspektrum der deutschen Medien wesentlich breiter sein als das in Russland, denn in puncto Pressefreiheit sieht es in Russland ziemlich düster aus, unabhängige Medien sind rar und stehen unter großem staatlichen Druck. Auf der aktuellen "Rangliste der Pressefreiheit" der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) steht Deutschland auf Platz 16, Russland hingegen auf Platz 148 (von insgesamt 180). ROG wurde übrigens 1994 mit tatkräftiger Unterstützung der tageszeitung (taz) gegründet - bekanntlich kein regierungsnahes Blatt.

Der Leser mag sich daher über die Äußerungen von Willy Wimmer ein eigenes Urteil bilden.