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08. Mai 2018, von Michael Schöfer
Eine törichte Entscheidung


Die törichte Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen, bedeutet vermutlich Krieg. Trump will zwar, wie er beteuert, mit Teheran ein neues Abkommen aushandeln, aber ob er wirklich ein besseres bekommt, steht in den Sternen. Der Iran wird vorerst zu seinen Verpflichtungen stehen, der iranische Präsident Hassan Rouhani erklärte in einer Fernsehansprache: "Wir haben statt eines Abkommens mit sechs Staaten nun eines mit fünf." [1] Allerdings gehört Rouhani zur Fraktion der Reformer, die durch den Rückzug der USA und die Wiederinkraftsetzung der Sanktionen innenpolitisch unter noch viel stärkeren Druck geraten wird als ohnehin schon. Wenn die Hardliner um Religionsführer Ali Chamenei (zugleich Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte) beschließen, angesichts des US-Ausstiegs die Urananreicherung wieder aufzunehmen oder waffenfähiges Plutonium herzustellen, wird Rouhani vermutlich wenig dagegen tun können.

Wie will Trump den Iran an der Herstellung von Nuklearwaffen hindern? Das geht ohne ein Atomabkommen höchstwahrscheinlich nur mit Gewalt - ein Mittel, das offenbar auch Israel bevorzugt. Und das Saudi-Arabien bestimmt begrüßen wird. Experten sehen die Chance eines erfolgreichen Entwaffnungsschlags skeptisch. Wenn das Atomabkommen bestehen bliebe, könne dies bald zu einem atomaren Wettrüsten im Nahen Osten führen, sagt Trump. Ich fürchte, genau das Gegenteil trifft zu: Durch seine Entscheidung ist die Gefahr eines atomaren Wettrüstens im Nahen Osten enorm gewachsen. Und angesichts der dort häufig anzutreffenden Irrationalität [2] könnte die Welt schon bald die erste atomare Auseinandersetzung zwischen nuklear bewaffneten Staaten erleben. Übrigens: Gottesfürchtige Schiiten und Sunniten glauben, dass es irgendwann unausweichlich zum Armageddon kommt, der endzeitlichen Entscheidungsschlacht. Keine guten Voraussetzungen, wie ich finde.

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[1] tagesschau.de vom 08.05.2018
[2] siehe Welcome to the Middle East! vom 06.01.2016