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21. August 2018, von Michael Schöfer
Eigentlich ziemlich leicht


Dem deutschen Lehrerverband zufolge herrscht momentan der schlimmste Lehrermangel seit 30 Jahren. Derzeit seien in Deutschland rund 10.000 Lehrerstellen unbesetzt, weitere 30.000 Stellen bloß "notdürftig mit Nichtlehrern, Seiteneinsteigern, Pensionisten und Studenten" besetzt. Insgesamt würden hierzulande 40.000 Lehrer fehlen. [1]

Wenn ein Lehrer eingestellt wird, weiß man eigentlich schon genau, wann er in Pension geht. Im Durchschnitt steht den Schulbehörden somit ein planerischer Vorlauf von 40 Jahren zur Verfügung. Obendrein muss man zur Berechnung der in jedem Jahr zur Verfügung stehenden Lehrkräfte keine höhere Mathematik zu beherrschen, Kenntnisse der Grundrechenarten genügen vollkommen. Deshalb ist es absolut unverständlich, dass sich die Landesregierungen (die Kulturhoheit fällt bekanntlich in den Bereich der Länder) von der Pensionierungswelle "überrascht" zeigen.

Das Gleiche gilt für den Bedarf an Lehrern, schließlich weiß man ganz genau, wann heute geborene Kinder eingeschult werden: in exakt sechs Jahren. Von einer nicht planbaren Flüchtlingswelle wie 2015 einmal abgesehen, ist der planerische Vorlauf nie kleiner. Man braucht sich zum Beispiel nur die Geburtenzahlen des Jahres 2017 anzusehen, um mit recht hoher Sicherheit prognostizieren zu können, wie viele Erstklässler im Jahr 2023 zu unterrichten sind. Entsprechend fällt oder steigt der Bedarf an Lehrern. Die Regelstudienzeit für das Lehramt an der Grundschule beträgt in Baden-Württemberg acht Semester (= fünf Jahre) plus 18 Monate Vorbereitungsdienst. Alles eigentlich ziemlich leicht, nicht wahr? Und warum bekommt die Politik dann nicht einmal das auf die Reihe?

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[1] WDR vom 20.08.2018