Home | Archiv | Leserbriefe | Impressum



01. April 2019, von Michael Schöfer
Greta, pass auf!


Die 16-jährige Klimaaktivistin Greta Thunberg hat beim Fernsehpreis "Goldene Kamera" den neu geschaffenen "Sonderpreis Klimaschutz" verliehen bekommen. Das ist einerseits gut, weil die Aufmerksamkeit für ihr Anliegen nicht groß genug sein kann. Vielleicht erreicht sie so Menschen, die sie mit ihren "Fridays for Future"-Demos nicht erreichen würde. Andererseits ist der Grat, auf dem sie dabei wandelt, ziemlich schmal. Unter Umständen wird sie nämlich rasch vereinnahmt und dient dann bloß noch als Staffage. Motto: Wir haben ja was für die Umwelt getan, indem wir Greta in feierlichem Rahmen zu Wort kommen ließen, doch nun können wir wieder beruhigt mit unseren Luxus-Limousinen nach Hause fahren. Sinnentleert schmückt man sich mit ihr, weil sie gerade hip ist. Ein grünes Feigenblatt. Genau dieser Eindruck ist bei der "Goldenen Kamera" entstanden. Schlagendes Beispiel: Die Schauspielerin Milena Tscharntke bekam während der Sendung neben dem Nachwuchspreis einen SUV geschenkt. Bravo, ausgerechnet einen SUV. Vermutlich unbeabsichtigte Realsatire.

"Da ist mir zu viel Mode dabei, wenn schon die Schickeria ihren Porsche gegen einen 2CV umtauscht, dann muss etwas faul sein, an der großen Revolution. Weil, mitlaufen, ohne zu denken, das kann halt nicht gut sein. Auch nicht, für eine gute Sache", ließ Konstantin Wecker 1977 seinen "Willy" im gleichnamigen Lied bekennen. Stimmt, inzwischen hängen ja auch schon Che Guevara-Plakate an allen möglichen oder unmöglichen Orten, der argentinisch-kubanische Revolutionär ist halt Kult geworden. Für was er ehedem gekämpft hat, ist vollkommen nebensächlich. Seine fragwürdigen Methoden ebenfalls. Das ikonische Bild des Comandante findet man mittlerweile auf Tassen, Lampenschirmen, Armbanduhren, Aschenbechern oder Einkaufstaschen. Kitsch as Kitsch can. Amazon verscherbelt sogar eine iPhone-Hülle mit seinem Konterfei. Das luxuriöse Aushängeschild des Kapitalismus und gemessen an der Marktkapitalisierung zweitteuerste Unternehmen der Welt passt ja auch so gut zum Image Che Guevaras. (Achtung: Ironie!) Für die, die es nicht wissen: Man kann Che viel vorwerfen, aber nicht, dass er sich aus Besitz etwas gemacht hätte.

Greta muss aufpassen: Wenn ihr die Schönen und Reichen mit stehenden Ovationen Beifall klatschen, könnte an der Sache etwas faul sein. Schon Willy hat erkannt: "Da ist mir zu viel Mode dabei..."