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22. Dezember 2019, von Michael Schöfer
Ein-China-Politik überdenken


Das totalitäre Regime in Peking reagiert jähzornig auf die Kritik des Fußballers Mesut Özil, dieser hatte nämlich in den sozialen Medien die Verfolgung der muslimischen Uiguren angeprangert. In der chinesischen Provinz Xinjiang sind derzeit mehr als eine Million Uiguren interniert - ohne Anklage, ohne fairen Prozess, ohne Urteil und ohne Zugang zu Anwälten. Menschenrechtsorganisationen berichten über Tötungen, Folter und Vergewaltigungen. Die Kommunistische Partei setzte daraufhin im chinesischen Staatsfernsehen CCTV die Übertragung der Premier-League-Partie FC Arsenal gegen Manchester City ab. Die Machthaber können eben keine Kritik ertragen. Und die Wahrheit schon gar nicht. Da ist Nachtreten Pflicht. Mesut Özil wurde sogar aus der chinesischen Version des Konsolenspiels "Pro Evolution Soccer" entfernt. Xi Jinping verhält sich wie im Kindergarten: Mit dem spielen wir nicht mehr. Ihm scheint nichts zu peinlich zu sein.

Die Welt erniedrigt sich und macht vor den Despoten bereitwillig den Kotau (altchinesische Unterwerfungsgeste). Vor allem die, die in China geschäftliche Interessen haben. Menschenrechte? Meinungsfreiheit? Davon kann man sich schließlich nichts kaufen. Erbärmlich! Wir sollten angesichts des menschenverachtenden Regimes in Peking die Ein-China-Politik überdenken. Es ist doch absurd, dass fast alle das wirklich demokratische China, die Republik China (Taiwan), diskriminieren (keine diplomatischen Beziehungen, keine UN-Mitgliedschaft), bloß weil 24 Millionen Einwohner deutlich weniger lukrative Geschäfte versprechen als 1,4 Milliarden. Gerne opfern wir unsere in Sonntagsreden vielbeschworenen Werte auf dem Altar des Mammon. Ein Treppenwitz der Geschichte: Wir haben die außenpolitisch zunehmend aggressiv auftretende Volksrepublik dadurch auch noch groß gemacht, d.h. wirtschaftlich und militärisch gestärkt. Anders ausgedrückt: Wir füttern den, der uns irgendwann zum Dank die Hand abbeißt. Schön blöd, kann ich dazu nur sagen.