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04. Dezember 2019, von Michael Schöfer
Kullmann ignoriert die Fakten


Christian Kullmann, Chef des Spezialchemiekonzerns Evonik, wettert im Interview mit der Süddeutschen gegen Greta Thunberg und spricht von "Klimahysterie". Angeblich soll Kullmann demnächst Präsident des Verbandes der chemischen Industrie (VCI) werden. Natürlich geht Klimaschutz nicht gegen, sondern nur mit der Industrie. Doch ein bisschen einsichtiger könnte sie schon sein, die Industrie. Es verwundert, dass der Chef eines großen Konzerns (Evonik ist immerhin das zweitgrößte deutsche Chemieunternehmen) offenbar die Fakten ignoriert. Die globalen CO2-Emissionen werden nämlich 2019 voraussichtlich abermals Rekordniveau erreichen. Eigentlich sollten sie drastisch sinken. Und Wissenschaftler warnen, die katastrophalen Folgen der Erderwärmung könnten früher eintreten, als bislang gedacht. Was soll daran "Klimahysterie" sein? Eine Studie hat übrigens errechnet, welche Auswirkungen es aufs Klima hätte, wenn alle Firmen so handeln würden wie die DAX-Unternehmen. Die deutschen Chemieunternehmen schneiden darin nicht allzu gut ab. Wer auch immer künftig Präsident des VCI sein wird, er hat noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Bei den Mitgliedsfirmen, versteht sich. Fakten zu ignorieren und Greta Thunberg anzugreifen ist in diesem Zusammenhang keine adäquate Strategie. Thunberg fordert ja bloß, die Welt möge ihre in Paris versprochenen Klimaziele einhalten, die meisten Staaten sind davon aber noch meilenweit entfernt. Es ist genaugenommen andersherum: Viele reagieren hysterisch auf Thunberg, weil sie das Kind ist, das darauf hinweist, dass der Kaiser nackt ist.