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27. September 2019, von Michael Schöfer
Die Demokratie zerstört sich gerade selbst


Wie konnten Politiker, die das Gesetz brechen, die die Regeln missachten und die ständig das Vulgäre herauskehren, überhaupt je an die Macht kommen? Ist das den meisten wirklich total egal? Wären die Verhältnisse normal, müssten Trump und Johnson in den Umfragen abschmieren und irgendwo bei 0,5 Prozent herumkrebsen. Boris Johnson, dem das Oberste Gericht gerade eine schallende Ohrfeige verpasst hat, soll jedoch in den Umfragen mit seinen Tories nach wie vor an der Spitze liegen. Bei einem reinen Mehrheitswahlrecht könnte ihm das im Unterhaus die Mehrheit der Mandate bescheren. Eigentlich nicht zu fassen. Donald Trump wiederum hat allem Anschein nach gegen das Gesetz verstoßen und muss sich möglicherweise sogar einem Amtsenthebungsverfahren stellen. Dass er den Whistleblower nun als Spion und Verräter brandmarkt und kaum verklausuliert mit der Todesstrafe bedroht, spricht Bände. Schließlich war es Trump, der im Verdacht steht, gegen das Gesetz verstoßen zu haben, nicht der CIA-Geheimdienstler. Der tat nur seine Pflicht. Anfang September, da wusste die Öffentlichkeit vom aktuellen Skandal noch nichts, hatte Trump in den Umfragen immerhin 43 Prozent auf seiner Seite. Er mache einen guten Job, meinten die. In der Frage, ob man jetzt gegen ihn ein Impeachment einleiten soll, sind die Amerikaner gespalten - 43 Prozent sind dafür, 43 Prozent sind dagegen. Es ist unglaublich, Trump hätte nicht einmal 4,3 Prozent Zustimmung verdient. Die Demokratie zerstört sich gerade selbst.