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25. August 2019, von Michael Schöfer
Das freie Spiel der parlamentarischen Kräfte


Eine Woche vor den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen wird heftig spekuliert. Auf der Grundlage der Sonntagsfrage vom 22. August ist für Rot-Rot-Grün eine parlamentarische Mehrheit zumindest in Brandenburg in greifbare Nähe gerückt. Sachsen ist wesentlich schwieriger, weil selbst die politisch realisierbare Jamaika-Koalition (Schwarz-Grün-Gelb) die notwendige Anzahl der Mandate verfehlen würde. Möglich wäre aber eine Koalition von CDU, SPD und Grünen. Dass die recht konservative CDU in Sachsen eine Koalition unter Beteiligung der Linken eingeht, ist eher unwahrscheinlich. Denkbar ist in beiden Landtagen natürlich auch eine Minderheitsregierung, die sich für Gesetze jeweils eine Mehrheit holen muss.

Im österreichischen Nationalrat regiert momentan wegen der Ibiza-Affäre übergangsweise eine Beamtenregierung, es gibt keine Koalitionen und somit keine festgefügten Mehrheiten. Das führte zu einer erfrischenden Belebung der Parlamentsarbeit: SPÖ und FPÖ beschlossen gemeinsam die Einführung des "Papa-Monats", alle außer der FPÖ stimmten für die Wiedereinführung des Rauchverbots in Gaststätten, alle außer den NEOS stimmten für die Erhöhung der Mindestrente, alle außer der ÖVP verboten die Verwendung des Herbizids Glyphosat. Und ein von SPÖ, FPÖ und JETZT vorgelegter Entwurf zur Verschärfung des Parteispendengesetzes ging ebenfalls durchs Parlament, die ÖVP konnte dabei immerhin einen Änderungsantrag durchsetzen. Das freie Spiel der parlamentarischen Kräfte scheint beim Bürger anzukommen, laut Umfrage zeigten sich 86 Prozent mit den Beschlüssen zufrieden. Minderheitsregierungen sind vielleicht gar nicht so schlecht, wie man gemeinhin glaubt. Im Gegenteil, sie sind sogar äußerst spannend.