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16. August 2019, von Michael Schöfer
Das hat nichts mit "sozialistischer Gleichmacherei" zu tun


Linken-Chef Bernd Riexinger will in den Regionalzügen die 1. Klasse abschaffen und erntet dafür harsche Kritik, so wirft ihm beispielsweise der Bahn-Beauftragte der Bundesregierung, Enak Ferlemann (CDU), "sozialistische Gleichmacherei" vor. Und ein Bahnsprecher erwidert, der Anteil der 1.-Klasse-Kapazitäten sei über die Jahre zurückgegangen. (Frankfurter Rundschau vom 16.08.2019) Die Zahlen der Bahn sagen allerdings etwas anderes, denn nach den "Daten & Fakten 2018" ist die Anzahl der Sitzplätze in der 1. Klasse bei der DB Regio von 60.545 im Jahr 2017 auf 64.802 im Jahr 2018 gestiegen. Immerhin 6,50 Prozent der von DB Regio angebotenen Sitzplätze befinden sich in der 1. Klasse (2017: 6,44 %). Und meine persönliche Erfahrung ist: die sind tatsächlich weitgehend leer - selbst wenn der Zug voll ist.

Fahrgastzahlen habe ich leider keine, aber eine Landtagsanfrage aus dem Jahr 2016 sagt bezogen auf Baden-Württemberg Folgendes: "Die RES-Zahlen der DB Regio weisen die Fahrgastzahlen für die 1. und 2. Klasse getrennt aus. Die Auslastungsgrade der 1. Klasse waren signifikant niedriger als die der 2. Klasse. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass im Zulauf auf Stuttgart, Karlsruhe oder Mannheim erhebliche Anteile der 1. Klasse-Reisenden im Regionalverkehr Mitarbeiter der DBAG mit Dienstfahrausweisen sind. Die Vorhaltung größerer 1. Klasse-Kontingente zulasten von 2. Klasse-Sitzplätzen erscheint hier künftig nicht angemessen." (Landtag BW, Drucksache 16/867)
Erleichterungen für die Fahrgäste der oft überfüllten 2. Klasse zu fordern hat nichts mit "sozialistischer Gleichmacherei" zu tun, sondern ist ein durchaus berechtigtes Anliegen. Dass solche Diffamierungen überhaupt noch ziehen, ist im 21. Jahrhundert ohnehin zu bezweifeln. Kurzum, Riexinger hat vollkommen recht.