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22. Juli 2019, von Michael Schöfer
Staaten verpflichten sich, Regeln einzuhalten


Artikel 24 Abs. 1 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (Pflichten des Küstenstaats):

"Der Küstenstaat darf, außer in den von diesem Übereinkommen vorgesehenen Fällen, die friedliche Durchfahrt fremder Schiffe durch das Küstenmeer nicht behindern. Insbesondere darf der Küstenstaat bei der Anwendung des Übereinkommens oder der in Übereinstimmung mit ihm erlassenen Gesetze oder sonstigen Vorschriften nicht:

a) fremden Schiffen Auflagen machen, die im Ergebnis eine Verweigerung oder Beeinträchtigung der Ausübung des Rechts der friedlichen Durchfahrt bewirken; oder

b) die Schiffe eines bestimmten Staates oder Schiffe, die Ladung nach oder von einem bestimmten Staat oder in dessen Auftrag befördern, rechtlich oder tatsächlich diskriminieren."

Angesichts dessen stellt sich unweigerlich die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage der iranische Tanker von Großbritannien vor Gibraltar gestoppt und beschlagnahmt wurde? Das Vereinigte Königreich ist dem Seerechtsübereinkommen 1997 beigetreten. Und wenn Staaten völkerrechtliche Verträge unterzeichnen, verpflichten sie sich, deren Regeln einzuhalten. Da die Briten das offenbar in diesem Fall aus fadenscheinigen Gründen nicht tun, brauchen sie sich über iranische Vergeltungsmaßnahmen wirklich nicht zu wundern. Kluge Politik sieht anders aus. Wer allerdings einen Konflikt anheizen will, ist mit solchen Maßnahmen auf dem besten Weg in die Eskalation. Der britische Außenminister Jeremy Hunt warnt den Iran davor, einen "gefährlichen Weg des illegalen und destabilisierenden Verhaltens" einzuschlagen. Zu Recht, aber das gilt für alle Beteiligten.