Home | Archiv | Leserbriefe | Impressum



21. Juni 2019, von Michael Schöfer
So bringt man Europa noch mehr in Verruf


Im Mai waren gut 400 Mio. Menschen bei der Europawahl wahlberechtigt, bei einer Wahlbeteiligung von europaweit 50,63 Prozent haben somit rund 200 Mio. Menschen abgestimmt. Mit Parolen wie "Eine Stimme für Europa", "Gemeinsam für EU" oder "Diesmal wähle ich!" wollte man den Menschen die Wahl schmackhaft machen, die Europawahl wurde sogar zur "Schicksalswahl" hochstilisiert. Das ist auch gelungen, denn vor fünf Jahren betrug die Wahlbeteiligung lediglich 42,6 Prozent. Doch vier Wochen nach der Wahl müssen die 200 Mio. Wählerinnen und Wähler feststellen, dass von den Spitzenkandidaten offenbar keiner mehr für das Amt des Kommissionspräsidenten in Frage kommt. Möglicherweise werden die zu vergebenden Ämter von PolitikerInnen besetzt, die gar nicht zur Wahl standen und folglich keine einzige Stimme bekamen. Überspitzt formuliert: 200 Mio. wählen - und den 28 Staats- und Regierungschefs ist das vollkommen gleichgültig. Sie entscheiden, wie es ihnen am besten in den Kram passt. Das ist kontraproduktiv, so bringt man Europa noch mehr in Verruf. Ein Europa der Eliten? Stimmt absolut. Die Verantwortlichen haben offenbar nichts aus der Akzeptanzkrise gelernt, die machen einfach "weiter so". Da kann man bloß noch fassungslos den Kopf schütteln.