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25. Juni 2020, von Michael Schöfer
Hass bleibt ausgerechnet bei der Polizeigewerkschaft unwidersprochen


Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) regt sich momentan mächtig über eine, nun ja, "Satire" in der taz auf. Zu Recht, denn der Text ist wirklich unterirdisch. Grottenschlecht! Als 2017 der damalige AfD-Vorsitzende Alexander Gauland die SPD-Politikerin Aydan Özoguz in Anatolien entsorgen wollte, hat mich das an die Nazis erinnert. Die "Satire" von Hengameh Yaghoobifarah (Abschaffung der Polizei: All cops are berufsunfähig) leider ebenfalls. [1] Grundsätzlich gilt: Menschen sind kein Abfall, man entsorgt sie nicht auf der Müllhalde. Polizisten sind Menschen. Und was für Gauland gilt, gilt natürlich auch für die links-alternative taz.

So weit, so schlecht. Allerdings finde ich das Verhalten der DPolG ein bisschen heuchlerisch. Der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wend schreibt dazu: "Andere Menschen zu entpersönlichen, ihnen Würde und Menschsein abzusprechen und sie wie Unrat auf einer Müllhalde entsorgen zu wollen - wie hasserfüllt, degeneriert und voller Gewaltbereitschaft muss man eigentlich sein, um solche widerlichen Gedanken aufzuschreiben?" [2] Stimmt absolut, doch wenn man sich auf dem Twitter-Account seiner Gewerkschaft umsieht, findet man - wohlgemerkt unwidersprochen - genau die gleiche Wortwahl, die er bei der taz anprangert.

Am 17. Juni 2018 empfiehlt dort ein gewisser Detlef Windhausen, "diese, für Deutschland tödliche Kanzlerin, (...) im warsten [sic!] Sinne des Wortes, zu entsorgen".





Gemeint ist Angela Merkel. Die DPolG hält es nicht für notwendig, diesem Kommentar energisch zu widersprechen. Es kommt aber noch schlimmer: Am 26. Juni 2018 unterstellt ein gewisser Peter Fischer der Bundesregierung, "de facto Hochverrat" zu begehen. Und weiter: "Währe [sic!] die Polizei damit nicht eigentlich zum handeln [sic!] verpflichtet? Könnte nicht Herr Wendt die Rolle Stauffenberg [sic!] übernehmen?! Helden werden nicht geboren sondern gemacht."



Das ist ein unverhohlener Mordaufruf zum Nachteil der Bundeskanzlerin. Fischer empfiehlt dem DPolG-Vorsitzenden, wie Stauffenberg bei Adolf Hitler eine Bombe zur Ermordung von Angela Merkel zu verwenden. Auch das bleibt bei der DPolG, trotz der Verdrehung der historischen Verhältnisse (Merkel ist schließlich kein menschenverachtender Diktator), erstaunlicherweise unwidersprochen! [3]

Gewalt beginnt mit hasserfüllter Sprache, da hat Rainer Wendt vollkommen recht. Allerdings ist er selbst, was den Umgang mit Andersdenkenden angeht, zweifelsohne kein leuchtendes Vorbild. Seine Wortwahl ist nämlich vielmehr genauso unterirdisch, jedenfalls eines Gewerkschaftsvorsitzenden unwürdig. [4] Dass aber solche Hasskommentare ausgerechnet bei einer Polizeigewerkschaft unwidersprochen bleiben, gibt schon zu denken. Da hätte ich ein klares Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaat erwartet, das die Autoren der unsäglichen Kommentare in die Schranken weist.

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[1] taz vom 15.06.2020
[2] DPolG vom 16.06.2020