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| Impressum 13. Juli 2020, von Michael Schöfer "Profi-Sicherheitsexperten" wenig sattelfest Klimaschutz sei "eine Sache für Profis", schrieb FDP-Chef Christian Lindner auf Twitter mit Blick auf die Schulstreiks von Fridays for Future. Das wurde ihm nicht zu Unrecht als Arroganz ausgelegt. Ein kommunikativer Rohrkrepierer also. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Armin Schuster empfiehlt, die "politischen Hobby-Sicherheitsexperten" sollten sich einfach mal zurückhalten, er könne "beim Vorgehen der Polizei Stuttgart keinen Fehler erkennen". [1] Nun, Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Zu den Fakten: "Das baden-württembergische Innenministerium hat die Abfrage von Daten zur Nationalität der Eltern von Verdächtigen als Selbstverständlichkeit in einem Strafverfahren bezeichnet. Die Stuttgarter Polizei ermittle darin auch zu den Lebens- und Familienverhältnissen der Verdächtigen. 'Deshalb wird in einzelnen Fällen die Nationalität der Eltern von Tatverdächtigen durch Anfragen beim Standesamt erhoben, um zu klären, ob ein Migrationshintergrund gegeben ist', betonte Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Sonntag. Dieser liege vor, wenn es sich bei einem Elternteil um eine Nichtdeutsche oder einen Nichtdeutschen handele." [2] Das entspricht jedoch nicht der offiziellen Definition von "Migrationshintergrund". Die lautet nämlich wie folgt: "Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde." [3] Nehmen wir an, die Eltern haben sich 1995 einbürgern lassen und deren Kind kam zehn Jahre später als Abkömmling deutscher Staatsangehöriger auf die Welt, dennoch haftet an ihm das Etikett "Migrationshintergrund", weil es dabei um die Staatsangehörigkeit der Eltern zum Zeitpunkt ihrer Geburt geht. Solche
Details, die korrekte Definition von Begriffen, sind nicht
unwichtig. Und es ist erstaunlich, dass sich die
"Profi-Sicherheitsexperten" darin als wenig sattelfest
erweisen. Die Stuttgarter Polizei wird wohl kaum eine eigene
und somit willkürliche Definition von "Migrationshintergrund"
verwenden. Oder doch? Hat der "Innenexperte" Armin Schuster
diesen Widerspruch übersehen? Vom baden-württembergischen
Innenminister ganz zu schweigen.
Außerdem ist der Migrationshintergrund sogar für die Polizeiliche Kriminalstatistik uninteressant: "Die PKS differenziert zwischen deutschen und nichtdeutschen Tatverdächtigen. Kriterium ist die Staatsangehörigkeit, dabei wird ein eventueller Migrationshintergrund nicht berücksichtigt." [4] Von daher wäre es interessant zu erfahren, welche kriminologische Theorie dem Ansinnen der Stuttgarter Polizei zugrundeliegt. Ob uns "Innenexperte" Armin Schuster aufklärt? ----------
[1]
Die Zeit-Online vom 13.07.2020
[2]
Redaktionsnetzwerk Deutschland vom
12.07.2020
[3]
Statistisches Bundesamt,
Migrationshintergrund
[4] Bundesinnenministerium, Polizeiliche
Kriminalstatistik 2019, Ausgewählte Zahlen im Überblick,
PDF-Datei mit 949 KB, Seite 8
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