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01. August 2020, von Michael Schöfer
Mal sehen, ob mein Artikel veröffentlicht wird


Ich bin seit beinahe drei Jahrzehnten Mitglied der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), obwohl ich keineswegs rechtskonservativ oder gar rechts bin, sondern mich vielmehr als linksliberal bezeichnen würde. Den Grünen zugeneigt, ihnen aber keineswegs unkritisch gegenüberstehend. Meine Mitgliedschaft hat sich eben historisch so entwickelt und war den damaligen Umständen geschuldet, die aber mit denen von heute leider nicht mehr vergleichbar sind.

Als ich in die DPolG eingetreten bin, wurde diese Gewerkschaft von honorigen Männern geführt. Konservativ zwar, aber durchaus aufgeschlossen. Liberal im besten Sinne des Wortes. Und kritikfähig. Ich erinnere mich noch immer gerne daran: Der ehemalige baden-württembergische Landesvorsitzende Dieter Berberich hat seinerzeit höchstpersönlich dafür gesorgt, dass ein Artikel, in dem ich ihm widersprach, in der Mitgliederzeitschrift "Polizeispiegel" erschienen ist. Chapeau! Der eigentlich selbstverständliche Austausch von unterschiedlichen Standpunkten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich sage ja: honorige Männer.

Wer meine Website öfter besucht weiß, dass ich insbesondere mit den Äußerungen unseres Bundesvorsitzenden Rainer Wendt hadere. Häufig bin ich anderer Meinung, beispielsweise auch in Bezug auf das Berliner Landes-Antidiskriminierungsgesetz. Aus diesem Grund habe ich einen Artikel [PDF-Datei mit 64 KB] geschrieben und ihn mit folgender E-Mail an die Redaktion der Mitgliederzeitschrift geschickt:

Liebe Polizeispiegel-Redaktion,

ich bin mittlerweile seit fast 30 Jahren Mitglied der DPolG, und früher war es durchaus üblich, strittige Themen aus verschiedenen Blickwinkeln heraus zu beleuchten (Pro & Contra). So wie es in einer Demokratie üblich ist. Diese Tradition will ich aufgreifen.

Ich bitte deshalb um die Veröffentlichung des beigefügten Artikels, in dem ich mich positiv zum Berliner Landes-Antidiskriminierungsgesetz äußere. Ich weiß, dass dies den bisherigen Verlautbarungen der DPolG widerspricht, doch wir sind schließlich eine demokratische (d.h. pluralistische) Gewerkschaft.

Da sich Rainer Wendt stets für die Freiheit der Rede einsetzt ("Sagen was man denkt. Man nennt es Freiheit."), zweifle ich nicht daran, dass Ihr den Artikel veröffentlichen werdet. Rainer Wendt freut sich ja, wie er auf Facebook schreibt, ausdrücklich "über lebhafte, gerne auch kritische Kommentare", und er will sich "um einen gepflegten, demokratischen Diskurs" bemühen. [Facebook-Seite von Rainer Wendt, Post vom 14.10.2018]

Voilà, da ist er, mein kritischer Kommentar. Ich nehme unseren Bundesvorsitzenden bloß beim Wort. Ich stehe, genauso wie Dieter Nuhr, für die "Freiheit des Denkens" und wende mich ebenfalls dagegen, "Kritik als Ketzerei zu verfolgen und Andersdenkende mundtot zu machen". [Dieter Nuhr auf der Facebook-Seite von Rainer Wendt, Post vom 01.08.2020]

Vielleicht kann man anschließend sachlich über das LADG diskutieren. Ein ggf. von Euch gewährtes Honorar spende ich der Stiftung der DPolG.

Mit kollegialen Grüßen
Michael Schöfer

Jetzt warte ich bloß noch auf Antwort von der Redaktion bzw. auf die Veröffentlichung im "Polizeispiegel".

Nachtrag (03.08.2020):
Mein Artikel zum LADG wird erwartungsgemäß nicht abgedruckt. Der Polizeispiegel berichte "über die Arbeit und die Positionen der DPolG", dort stehe nur begrenzter Raum zur Verfügung, antwortete mir die DPolG in einer E-Mail. Obendrein sei "die Position der Gesamtorganisation zu diesem Thema" bekannt und "Ergebnis vieler Diskussionen" in den Gremien der Polizeigewerkschaft. Um Diskussionen zu führen, wird - kein Witz - auf die "Accounts der DPolG Bundesorganisation in den sozialen Netzwerken" verwiesen. Über diese Antwort mögen sich die Leserinnen und Leser ihr eigenes Urteil bilden, weshalb ich mich hier jedes weiteren Kommentars enthalte.

Nachtrag (09.09.2020):
Ei der Daus, hieß es in der Antwort der DPolG nicht, im Polizeispiegel stehe nur begrenzter Raum zur Verfügung? Genau. Aber in der aktuellen Ausgabe des Polizeispiegels [PDF-Datei mit 2,3 MB] steht zu meiner großen Verwunderung auf Seite 18 ein Artikel über das LADG. Natürlich nicht der von mir, wo denken Sie hin? Man fühlt sich in der DPolG ein bisschen wie in einem autoritären System: abweichende Meinungen unerwünscht. Die Gewerkschaftsspitze entscheidet, und alle anderen haben sich zu fügen.