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03. Juli 2023, von Michael Schöfer
Sparda-Bank BW in der Krise?


Was haben die katholische Kirche und die Sparda-Bank Baden-Württemberg gemeinsam? Sie verlieren Mitglieder - und das in bemerkenswertem Ausmaß. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz sind allein im vergangenen Jahr 522.821 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten - das waren 2,4 Prozent ihrer 21,6 Millionen Mitglieder vom Jahr zuvor. [1] Die Genossenschaftsbank verlor 2022 satte 28.753 ihrer 497.677 Mitglieder - das war sogar ein Rückgang von 5,8 Prozent. [2] Ein deutliches Alarmsignal. Die Probleme der Katholiken mit der Amtskirche sind hinlänglich bekannt, bei der Sparda-Bank muss man etwas Nachforschung betreiben.

Schaut man sich im Netz in einschlägigen Foren um (z.B. Finanzfluss, Finanztip, Trustpilot), beklagen sich viele über den aus ihrer Sicht unzureichenden Service, den harschen Umgang mit dem BGH-Urteil vom 27. April 2021 (Wirksamkeit von AGB-Änderungen) und die 2020 neu eingeführte Banking-App bzw. das Online-Banking namens TEO. Gewiss, in anonymen Internet-Foren findet man naturgemäß vor allem Kritiker und seltener Fürsprecher, weshalb die Bewertungen kaum repräsentativ sein dürften, allerdings verliert die Sparda-Bank BW just 2020 erstmals seit Jahren Mitglieder. Und die Bewertungen von TEO sind nach wie vor durchwachsen, bezeichnenderweise machen nicht einmal alle Sparda-Banken mit. Presseberichten zufolge haben mehrere Sparda-Banken viel Geld in das Finanz-Start-up Comeco (den TEO-Entwickler) investiert. Darüber, ob das gerechtfertigt war, gehen die Meinungen auseinander.



Mitglieder Sparda-Bank Baden-Württemberg
2017 522.571
2018 530.214
2019 536.872
2020 524.738
2021 497.677
2022 468.924



Mitgliederentwicklung Sparda-Bank Baden-Württemberg
2017 + 8.347
2018 + 7.643
2019 + 6.658
2020 - 12.134
2021 - 27.061
2022 - 28.753

Bei der früher für ihre Kundenfreundlichkeit und vor allem für das kostenlose Girokonto bekannten Genossenschaftsbank (der Sparda-Verband besteht aus insgesamt elf wirtschaftlich und rechtlich eigenständigen Genossenschaftsbanken) ist etwas ins Rutschen gekommen, sonst wäre die Abwärtsentwicklung (in den letzten drei Jahren immerhin ein Achtel der Mitglieder) nicht so dramatisch. Bankkunden wechseln selten ohne gravierende Gründe ihre Hausbank.

Der Aufsichtsrat sagt zwar: "Im Kunden- und Mitgliederbestand konnten die Marktanteile nicht gehalten werden. Im 3. Jahr wirkten sich die Kontomodelle in Verbindung mit den rechtlichen Klärungen des BGH-Urteils zur AGB-Änderung und die AGB-Erneuerung als Konsolidierungsdruck aus." Er spricht aber dennoch davon, dass die "Zufriedenheit der Kunden und Mitglieder (...) weiterhin gut" sei. Und der Vorstand will "die derzeitig hohe Kundenzufriedenheit auch weiterhin" sicherstellen. [3] Hohe Kundenzufriedenheit? Zwischen der Wahrnehmung von Mitgliedern und Verantwortlichen klafft offenkundig eine große Lücke. Entweder ist, wie Vorstand und Aufsichtsrat versichern, tatsächlich alles noch im grünen Bereich. Oder man neigt dort dazu, die Realität zumindest der Öffentlichkeit gegenüber zu beschönigen. Letzteres ist bei Banken, die vieles verlieren dürfen, bloß nicht das Vertrauen der Kundschaft, durchaus üblich.

Wie dem auch sei, die ausweislich des großen Mitgliederschwunds im Argen liegende Zufriedenheit mit der Bank kommt jedenfalls im Geschäftsbericht quasi nur am Rande vor. Ob in der Vertreterversammlung 2023 massive Kritik am Vorstand geäußert wurde, ist nicht überliefert. Zum Vergleich: Die denselben Rahmenbedingungen unterworfene Badische Beamtenbank hat 2022 bei nahezu gleicher Mitgliederzahl lediglich 4.643 Mitglieder verloren, das war ein Minus von gerade mal einem Prozent. [4]

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Sparda-Bank in Zukunft entwickelt. Falls Vorstand und Aufsichtsrat die Lage falsch einschätzen und die Genossenschaftsbank weiterhin in großem Ausmaß Mitglieder und Kunden verliert, dürfte das auch personelle Konsequenzen haben. Und eine deutliche Kurskorrektur ist dann wohl ebenfalls unausweichlich.

Transparenzhinweis: Der Autor dieses Artikels war selbst viele Jahre Mitglied der Sparda-Bank BW, hat dort aber wegen der Einführung von TEO und dem erstaunlich unsensiblen Umgang mit dem BGH-Urteil zum 31. Dezember 2021 gekündigt.

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[1] Deutsche Bischofskonferenz, Pressemeldung vom 28.06.2023
[2] Sparda-Bank BW, Bilanzzahlen der Sparda-Bank Baden-Württemberg auf einen Blick
[3] Sparda-Bank BW, Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht 2022, PDF-Datei mit 1,2 MB, Seite 21, 46 und 49
[4] BBBank eG, Kennzahlen, Die BBBank auf einen Blick