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20. August 2023, von Michael Schöfer
Steuerermäßigung offenbar in die eigene Tasche gesteckt


Wie schwer es ist, eine einmal eingeführte Subvention wieder abzuschaffen, erleben wir derzeit bei der Diskussion über die Beibehaltung des seit Juli 2020 geltenden ermäßigten Mehrwertsteuersatzes (7 %) auf Speisen in der Gastronomie. Dem Branchenverband zufolge stünden nach einer Rückkehr zum normalen Steuersatz (19 %) viele Betriebe auf der Kippe.

Wahr ist, dass der Umsatz des Gastgewerbes immer noch nicht das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht hat. Wahr ist allerdings auch, dass der Zweck des Gesetzes, nämlich durch die Absenkung "eine Stimulierung der Nachfrage und eine Belebung der Konjunktur" zu erreichen, verfehlt wurde. [1] Die Stimulierung der Nachfrage durch entsprechende Preissenkungen blieb nämlich aus, weil - man höre und staune - die Gaststättenpreise gar nicht gesunken sind. Obwohl die Verbraucherpreise ein Jahr nach Inkrafttreten 3,7 Prozent über dem Vorjahresmonat lagen [2], musste man für den Verzehr einer Hauptspeise trotz Reduzierung des Steuersatzes um immerhin 12 Prozentpunkte ebenfalls 3,7 Prozent mehr bezahlen [3].

Von der Steuerermäßigung haben Gaststättenbesucher nichts gespürt

Die Steuerermäßigung haben die Gastronomen offenbar in die eigene Tasche gesteckt. Und als dann die durch den Ukraine-Krieg stark gestiegene Inflation zuschlug, explodierten natürlich auch die Gaststättenpreise. Für den Verzehr einer Hauptspeise muss man inzwischen satte 19,6 Prozent mehr bezahlen als im Jahr 2020.


Die Einkommensentwicklung bleibt weit hinter den Gaststättenpreisen zurück

Aber wer damals die Ermäßigung nicht an seine Gäste weitergegeben hat, darf jetzt nicht mit einer Preisanhebung drohen, sobald sie wieder zurückgenommen wird. Ohnehin dürfte angesichts von Reallohnverlusten bald die Schmerzgrenze erreicht sein, der Besuch von Gaststätten steht dann auf der Einsparliste sicherlich ganz oben. Insbesondere, wenn man sich über den Tisch gezogen fühlt.

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[1] Deutscher Bundestag, BT-Drucksache 19/19150, Seite 11, PDF-Datei mit 719 KB
[2] Statistisches Bundesamt, Tabelle 61111-0002 (Verbraucherpreisindex: Deutschland, Monate)
[3] Statistisches Bundesamt, Verbraucherpreisindex Gastronomie