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21. August 2023, von Michael Schöfer
Kulturloser Vandalismus


"Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit", soll Albert Einstein gesagt haben. Aber beim Universum sei er sich noch nicht ganz sicher. Bedauerlicherweise wird die unendliche Dummheit der Menschen immer wieder durch Fakten bestätigt.

Kürzlich ritzte etwa in Rom ein Tourist mit dem Schlüssel seinen Vornamen und den seiner Freundin in eine Wand, allerdings war es keine gewöhnliche Wand, sondern die des Kolosseums. Er habe erst danach erfahren, wie antik das Monument ist, hat sich der 27-Jährige mit der wohl dümmsten Ausrede der Welt herauszureden versucht. [1] Das monumentale Amphitheater wurde zwischen 72 und 80 n. Chr. gebaut, dass der in England lebende Bulgare dort war - reiner Zufall, hätte also genauso gut jede andere Bauruine treffen können. Nein, im Ernst: Dieses Verhalten ist kulturloser Vandalismus, der leider überall festzustellen ist.

Vor ein paar Tagen habe ich mir in Trier die Porta Nigra angesehen, das um 170 n. Chr. errichtete Stadttor des damaligen Augusta Treverorum und Teil des UNESCO-Welterbes. Auch dort haben die kulturlosen Vandalen ihre Spuren auf dem alten Gemäuer hinterlassen, Name und Datum eingeritzt oder mit dem Edding-Stift draufgemalt. Der fassungslose Betrachter fragt sich: Wieso will jemand seine bodenlose Dummheit auch noch verewigen? Mir wäre das peinlich.

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[1] Der Standard vom 06.07.2023