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28. März 2024, von Michael Schöfer
Die falschen Prioritäten


In Mannheim gilt in bestimmten Bereichen, im Wesentlichen in der Innenstadt, eine Waffen- und Messerverbotszone. Messer, selbst solche, die nicht unter § 42a Waffengesetz fallen, sind also dort nicht erlaubt. Kampfhunde hingegen sind kein Problem, die darf man trotzdem dabeihaben. Warum eigentlich?

Heute vor dem Supermarkt: Eine zierliche Frau wartet mit einem großen Kampfhund (vermutlich Pitbull Terrier) vor dem Eingang auf jemanden. Das Tier war zwar angeleint, trug aber keinen Maulkorb. Doch wenn der Pitbull zornig losgerannt wäre, hätte die Hundehalterin das Kraftpaket meiner Einschätzung nach nie und nimmer zurückhalten können. In Oberösterreich wurde Anfang Oktober 2023 eine Joggerin von drei Kampfhunden angegriffen und totgebissen, das Gesicht der 60-Jährigen war so entstellt, dass man sie nur über ihre Kleidung und Fingerabdrücke identifizieren konnte. [1] Die Bevölkerung war natürlich entsetzt, doch es gab nur kosmetische Änderungen des Hundehaltegesetzes. Jetzt kam es in Oberösterreich erneut zu einem Vorfall: In Bad Schallerbach wurde ein Wanderer von zwei Hunden angegriffen und verletzt, bei einem der Hunde soll es sich um einen American Staffordshire Terrier gehandelt haben. [2] Wahrscheinlich ändert dieser Angriff ebenso wenig, Proteste der Bürgerinnen und Bürger prallen bei der Politik buchstäblich auf eine Gummiwand.

Warum werden Kampfhunde nicht generell (d.h. ohne jede Ausnahme) verboten, obgleich es immer wieder zu schlimmen Angriffen mit schwerwiegenden Folgen kommt? Warum legen sich Menschen überhaupt solche Hunde zu? Anscheinend bloß, um Angst zu verbreiten. Was ihnen auch gelingt, denn jeder macht um Hund und Hundehalter nach Möglichkeit einen großen Bogen. Wobei man nebenbei bemerkt oft nicht einmal weiß, an welchem Ende der Leine der intelligentere Teil des Duos sitzt. Gibt es ein berechtigtes Interesse, mit einem rasiermesserscharfen Samurai-Schwert durch die Stadt zu laufen? Nein, genau deshalb ist das Mitführen von solchen Schwertern verboten (obwohl sie sich nie losreißen und Joggerinnen zerfleischen). Gibt es ein berechtigtes Interesse, einen Kampfhund zu besitzen? Meiner Meinung nach nicht. Die Politiker sollen unsere Interessen durchsetzen, dafür wurden sie gewählt. So lautet zumindest die Theorie, doch die Realität sieht anders aus. Anstatt Kampfhunde generell zu verbieten, sind sie ungeachtet der verständlichen Beunruhigung der Bevölkerung unter bestimmten Auflagen weiterhin erlaubt. Allerdings erweisen sich diese, wie man oben sieht, häufig als vollkommen nutzlos.

Typisch für die abgehobenen Politiker: Das Gendern wird verboten, obgleich dadurch keiner jemals zu Schaden kam, aber gefährliche Kampfhunde sind trotz der mitunter sogar tödlichen Bisswunden erlaubt. Ich fürchte, sie setzen die falschen Prioritäten.

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[1] Der Standard vom 11.10.2023
[2] Der Standard vom 27.03.2024