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06. Mai 2024, von Michael Schöfer
Manches ändert sich offenbar nie


Zuletzt häuften sich die Sicherheitsprobleme mit Produkten des amerikanischen Software-Konzerns Microsoft. Nun drohen Kunden abzuspringen, was freilich bei der vorhandenen Monokultur im Unternehmensbereich gar nicht so leicht zu realisieren ist. "Sicherheit" habe ab sofort oberste Priorität, verkündete CEO Satya Nadella vor kurzem [1], was vielen Usern allerdings bloß ein müdes Lächeln entlockte. Motto: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. (Goethe) Zu Recht, hat doch schon der frühere Microsoft-Chef Steve Ballmer eingeräumt, "dass sein Unternehmen sich erst mit Verspätung um eine bessere Produktsicherheit gekümmert habe. Nun aber genieße das Thema Sicherheit höchste Priorität." Das war 2003, also vor mehr als 20 Jahren. [2] Passiert ist offenbar - genau: nichts. Im Gegenteil, es ist, nach allem, was man darüber liest, noch viel schlimmer geworden.

Das erinnert mich an die Wohnungsnot. "Der Deutsche Mieterbund hat der Bundesregierung vorgehalten, die neue Wohnungsnot sei 'hausgemacht' - aufgrund falscher Entscheidungen und Versäumnisse. (…) Im sozialen Mietwohnungsbau müßten jährlich mindestens 100.000 Wohnungen neu gebaut werden." Das war, Sie werden wahrscheinlich staunen, im Jahr 1988. Vor 36 Jahren! [3] Dann kam die Wiedervereinigung, die DDR ging, aber die Wohnungsnot blieb. Zumindest in Westdeutschland. Um die Jahrtausendwende beklagte der Mieterbund erneut: In Deutschland fehlen rund eine Million Wohnungen. Viele Jahre danach hatte sich immer noch nichts zum Positiven verändert, der Mieterbund stellte nämlich auch 2017 fest, dass in Deutschland eine Million Wohnungen fehlen und die Mieten ungebremst steigen. [4] Die Situation hat sich seitdem, Sie ahnen es bereits, weiter verschlimmert.

Und die Politik? Sie redet ständig von Wohnungsbauoffensiven, fordert seit langem die Errichtung bezahlbaren Wohnraums und will endlich den Anstieg der Mieten bremsen. Allerdings, was die Ergebnisse angeht, stets vergebens. Und das seit Jahrzehnten. Manches ändert sich offenbar nie - weder bei Microsoft noch beim Wohnungsbau. Dass die Bürger vom Staat und die Kunden von Microsoft enttäuscht sind, bedarf keiner Erwähnung, denn das versteht sich von selbst.

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[1] heise.de vom 05.05.2024
[2] heise.de vom 22.10.2003
[3] taz vom 17.12.1988