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| Impressum 12. Juni 2024, von Michael Schöfer Substanzlose Stimmungsmache gegen Lieferkettengesetz Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) macht auf seiner Website mit einem vom NDR produzierten Video [Youtube] Stimmung gegen das Lieferkettengesetz, der darin geschilderte Sachverhalt bietet dafür aber keine Grundlage. [1] Aus meiner Sicht wird hier das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) falsch ausgelegt, die Metzgerei ist nämlich gemäß § 2 Abs. 7 und 8 weder unmittelbarer noch mittelbarer Zulieferer im Sinne dieses Gesetzes. Zulieferer ist man nur, wenn die "Zulieferungen für die Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig sind". Die Metzgerei lieferte nach eigenen Angaben lediglich "bei Seminaren und Tagungen Fingerfood und Schnittchen" zur Verköstigung der Teilnehmer an die Niederlassung eines Großunternehmens. Und sie machte damit nur geringen Umsatz. [2] "Notwendig" für die Herstellung der Produkte oder Dienstleistungen des Großunternehmens waren die Schnittchen sicherlich nicht, insofern sind sie auch kein Bestandteil der Lieferkette. Stichwort: Lieferantenpyramide, Tier-1, Tier-2 usw. Also bloß vermeintlicher Bürokratiewahn, kein echter. Kundenbeziehungen, die nichts mit dem hergestellten Produkt oder der erbrachten Dienstleistung des Großunternehmens zu tun haben, sind vom LkSG gar nicht erfasst. Das ist vergleichbar mit Banken, bei denen das Unternehmen seine Konten hat [3], oder Werkstätten, in denen die Kraftfahrzeuge des Fuhrparks repariert werden. Die Metzgerei wurde vom Großunternehmen zwar in der Tat mit einem hanebüchenen Fragenkatalog traktiert, für den es aber aus meiner Sicht keine Rechtsgrundlage gibt. Vielmehr liegt dem Ganzen - wie oben bereits erwähnt - eine falsche Auslegung des LkSG zugrunde, die kann aber kein Argument gegen das Gesetz sein, vielmehr müsste man eine korrekte Auslegung einfordern. Wenn jemand fälschlicherweise behauptet, ein Autofahrer hätte durch den Verzehr von drei Pralinen die Promillegrenze erreicht, würde man ja bestimmt auch nicht gegen das Straßenverkehrsgesetz polemisieren. Ich vermute, die verantwortliche Redaktion hat nicht sauber recherchiert. Leider wird mithilfe des Videos noch immer gegen das Lieferkettengesetz Stimmung gemacht. Das wäre gerechtfertigt, wenn der darin geschilderte Sachverhalt wirklich Substanz hätte, was aber nach meinem Dafürhalten nicht der Fall ist. Extra 3 ist eine Satiresendung, und bekanntlich darf Satire alles. Das Video ist auch als Satire echt lustig. Doch wenn es in der ohnehin aufgeheizten politischen Stimmung zur ungerechtfertigten Polemik missbraucht wird, halte ich das für bedenklich. Gerade bei einem öffentlich-rechtlichen Sender. Sollte sich das Video schlussendlich durch Grundsatzurteile zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tatsächlich als substanzlose Meinungsmache entpuppen, hätte sich damit auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks keinen Gefallen getan. Wer in seiner Argumentation dermaßen überzieht, schadet letztlich seinen eigenen Interessen. ----------
[1]
ZDH, Lieferkettengesetz (LkSG) birgt
Risiken für das Handwerk
[2]
Deutsche Handwerks Zeitung vom
11.05.2023
[3] siehe Deutscher Bundestag, Drucksache
19/28649 vom 19.04.2021, Begründung zu Absatz 5, Seite 40,
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