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Juli 2024, von Michael Schöfer
Verachtung
für die Armen
In
Kalifornien gibt es 180.000 Obdachlose und viel zu wenig
bezahlbaren Wohnraum. Selbst Arbeitnehmer aus der
Mittelschicht können sich angesichts der horrenden Mieten oft
keine Wohnung mehr leisten, von Wohneigentum ganz zu
schweigen. 2022 kostete in San Francisco die Miete für eine
Drei-Zimmer-Wohnung im Schnitt 4.000 US-Dollar. [1] Davon,
dass die Reichen immer reicher werden, haben viele überhaupt
nichts. Und was macht der kalifornische Gouverneur Gavin
Newsom? Er räumt die Obdachlosen einfach beiseite, was
natürlich kein einziges Problem löst. Aber aus dem Auge, aus
dem Sinn.
In
dieser Aktion drückt sich eine zum Himmel schreiende
Verachtung der Armen aus. Gavin Newsom ist übrigens Demokrat.
Besser wäre, die Armut zu bekämpfen anstatt die Armen. Dem
demokratischen Ost- und Westküstenestablishment sind die
häufig in prekären Jobs arbeitenden Menschen allerdings schon
seit langem egal. Kein Wunder, dass die Demokraten zu kämpfen
haben. Der brandgefährliche Populist Donald Trump hat es
verstanden, die Wut und die Verzweiflung der Zukurzgekommenen,
die sich vom Establishment verraten fühlen, zu kanalisieren.
Dass
Newsom glaubt, sich kurz vor den Wahlen ausgerechnet mit einer
solch niederträchtigen Aktion profilieren zu müssen, könnte
für die Demokraten nach hinten losgehen. Diejenigen, die
tagtäglich ums Überleben kämpfen, fragen sich vielleicht, was
aus ihnen wird, falls sie den Kampf verlieren. Weggeräumt wie
Straßenmüll? Wie überall gilt auch in Amerika: Man muss die
Probleme lösen. Bloß die Symptome zu bekämpfen, ist völlig
nutzlos und destabilisiert die Gesellschaft.
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[1] Augsburger Allgemeine vom 29.04.2022
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