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05. Oktober 2024, von Michael Schöfer
Wo bleibt da der Optimismus?


Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber man ist ja derzeit schon froh, wenn man morgens aufwacht und die Welt ist zwischenzeitlich nicht untergegangen. Okay, zugegeben, dann hätte sich das mit dem Aufwachen ohnehin erledigt. Doch momentan kommt echt viel zusammen. Viel zu viel, wenn Sie mich fragen. In der Ukraine führt der Atombombendroher Putin nun seit fast drei Jahren Krieg. Überlagert wird das dortige Gemetzel vom Gemetzel in Nahost, das immer größer wird und sogar zum Flächenbrand mutieren könnte. Eine ganze Region steht vor dem Abgrund und reißt uns vielleicht mit hinein. Andere Gemetzel, etwa das im Sudan, nehmen wir bestenfalls am Rande zur Kenntnis. Die haben alle definitiv mehr Quentin Tarantino-Filme geguckt, als ihnen gut getan hat.

Der Umwelt geht es immer schlechter, ihr Zustand ist mit einem Wort umschrieben: beschissen. Dürren, Starkregen, Stürme, Hitzewellen, Artensterben - man kommt sich vor wie in einem schlecht gemachten Science-Fiction-Film aus den sechziger Jahren. Doch es ist kein B-Movie, es ist die gottverdammte Realität. 3D, nix CinemaScope. Zu allem Überfluss kriechen auch noch an allen Ecken und Enden Faschisten aus ihren Löchern. Camus' Die Pest reloaded. Eine Katastrophe allein genügt ja nicht mehr, es muss gleich ein ganzes Bündel davon sein. Dankeschön. Die gesellschaftliche Spaltung ist hochexplosiv, in den USA befürchten manche sogar einen Bürgerkrieg. Waffen gibt es dort jedenfalls mehr als genug, dafür reichen sie locker. Welch ein Wahnsinn. Arm und Reich wiederum… Ach, lassen wir das, an die ökonomische Ungleichheit haben wir uns fast schon gewöhnt. Ist quasi ein Naturgesetz. Und darauf kommt's nun auch nicht mehr an.

Ja, man ist schon froh, wenn man morgens aufwacht und keiner hat unterdessen die Welt in Stücke gerissen. Das wirklich Schlimme ist freilich die eigene Hilflosigkeit, man kann nämlich als Einzelner überhaupt nichts dagegen tun. Zumindest erscheint es einem so. Dagegen anschreiben? Wen juckt's? Keinen! Mal ehrlich: Wie soll man das aushalten? Vor allem: Wie lange noch? Alpträume haben wir normalerweise im Schlaf, aber der wahre Alptraum findet statt, wenn wir wach sind. Zur besten Fernsehzeit, 20:00 Uhr in der Tagesschau. Und natürlich zu jeder Zeit in der Mediathek. Es ist derzeit alles ein bisschen viel. Viel zu viel. Ach, ich wiederhole mich? Ehrlich? Muss nicht sein...

Wie bitte? Was sagen Sie? Wo bleibt da der Optimismus? Berechtigte Frage. Ich fürchte, der ist kürzlich ausgegangen. Und der Nachschub lässt bereits geraume Zeit auf sich warten. Lieferkettenprobleme, Sie wissen bestimmt. Wann wieder mit Optimismus zu rechnen ist? Bitte fragen Sie mich was Leichteres. ICH HABE NULL AHNUNG! Okay, okay, ist ja gut… War nicht persönlich gemeint. Und jetzt ab ins Bett, Schlafenszeit. Anschließend weiter siehe oben!