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15. November 2024, von Michael Schöfer
Gruselkabinett


Matt Gaetz, der bislang vor allem mit seiner unverbrüchlichen Treue zu Donald Trump aufgefallen ist, soll Justizminister in der Regierung von Donald Trump werden. Was man so liest, ist er selbst manchen republikanischen Senatoren nicht geheuer, denn Widerstand gegen rechtswidrige Anordnungen des künftigen Präsidenten ist vom ultraradikalen Hardliner kaum zu erwarten. Ein Hindernis weniger auf dem Weg in die Autokratie.

Pete Hegseth soll Verteidigungsminister werden. Der Fox News-Fernsehmoderator hat sich den lateinischen Spruch "Deus vult" (Gott will es) auf den rechten Bizeps tätowieren lassen, und auf seiner rechten Brust trägt er das "Jerusalemkreuz" der Kreuzfahrer. Der christliche Fundamentalist gilt als entschieden proisraelisch, 2018 sagte er auf einer Veranstaltung in Jerusalem: "Es gibt keinen Grund, warum das Wunder des Wiederaufbaus des Tempels auf dem Tempelberg unmöglich ist."

Unmöglich natürlich nicht, aber eben nur um den Preis der Zerstörung des Felsendoms zu verwirklichen, dem drittheiligsten Sakralbau des Islam. Kleiner Religionskrieg gefällig? Es darf auch gern ein großer sein. Erwähnenswert wäre noch, dass die Kreuzritter, deren Symbol Hegseth auf der Brust trägt, beim ersten Kreuzzug in Jerusalem im Jahr 1099 ein furchtbares Massaker anrichteten, dem Tausende Muslime und Juden zum Opfer fielen. Zur "Befreiung" Jerusalems hat übrigens 1095 Papst Urban II. mit den Worten "Gott will es" aufgerufen, dem Tattoo auf dem Bizeps des designierten Verteidigungsministers der Vereinigten Staaten. Zufälle gibt’s.

Ich bin überzeugt davon, das wird die arabischstämmigen US-Amerikaner, denen die Biden-Regierung zu israelfreundlich war und die deswegen am 5. November Donald Trump gewählt haben, gewiss mächtig freuen. Dass Benjamin Netanjahu nun die Annexion des palästinensischen Westjordanlandes vorantreiben will, sei nur am Rande erwähnt. Er hofft wohl auf den Segen Trumps.

Merke: Wer einen berühmt-berüchtigten Schleifer als Trainer einstellt, darf sich anschließend nicht über die negativen Auswirkungen auf den Spielerkader wundern. Überforderung durch Übertraining etwa. Doch die Menschheit lernt offenbar nur aus Fehlern, die sie auch macht. Nicht aus Fehlern, dessen Folgen ihr vorhergesagt werden. Stichwort: heiße Herdplatte. (Wie beim Klimawandel, aber das ist eine andere Geschichte.) Wenn deshalb jetzt allerorten über das "Gruselkabinett" von Donald Trump Erschrecken herrscht, ist das ziemlich albern.

Wir bekommen nämlich genau das, was die Wählerinnen und Wähler in den USA sehenden Auges gewählt haben. Und keiner kann behaupten, nicht vor Donald Trump und seinen finsteren Absichten gewarnt worden zu sein. Mindestens zwei ehemalige hochrangige Mitarbeiter (John Kelly, Mark A. Milley) behaupten, er sei ein Faschist. Doch die Würfel sind gefallen, daran ist leider nichts mehr zu ändern. Das haben wir nun davon. Trump wird am 20. Januar 2025 als 47. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt.