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09. April 2025, von Michael Schöfer
Trump ist Gift für die Wirtschaft


"'Ich weiß verdammt gut, was ich tue. (...) Ausländische Regierungschefs würden ihn anflehen, um über die Zölle zu verhandeln. 'Diese Länder rufen uns an. Sie küssen meinen Arsch. Sie brennen darauf, einen Deal zu machen.' Die Staatschefs würden zu ihm sagen: 'Bitte, bitte, Sir, machen Sie einen Deal. Ich werde alles tun, Sir.'" [1] Dieses widerliche Großmaul, dieser vulgäre Narzisst würde besser zu den lausigen Hinterhöfen der New Yorker Bronx passen als zum Oval Office im Weißen Haus zu Washington. Aber so klingt nun mal seit neuestem die für gewöhnlich subtile Sprache der internationalen Diplomatie. Donald Trump entlarvt sich dadurch nicht einmal selbst, denn genau so haben sich seine politischen Gegner Trumps zweite Amtsperiode vorgestellt. Und seine unterwürfigen, anscheinend nach wie vor vom MAGA-Glauben beseelten Claqueure leider ebenfalls.

Dieser Mensch hat wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Und das von ihm angerichtete Chaos wird immer größer. Die um Mitternacht in Kraft getretenen Horrorzölle sind schon wieder passé, denn in den nächsten 90 Tagen werden die "reziproken Zölle" für die meisten Länder gnädigerweise auf 10 Prozent reduziert. Davon ausgenommen ist freilich China, das sich ab sofort mit einer Erhöhung auf 125 Prozent konfrontiert sieht, Peking hat ihm eben nicht - Verzeihung - den Arsch geküsst. Auch wenn die Börsenkurse in den USA heute teilweise zweistellig zugelegt haben: Nichts ist schlimmer für die Wirtschaft als Unberechenbarkeit. Donald Trump gibt vor, mit den "reziproken Zöllen" Industrieproduktion in die USA zurückholen zu wollen, doch welche Schlussfolgerungen sollen Investoren aus seinem erratischen Verhalten ziehen?

Immer unter der Voraussetzung, die Rückverlagerung der Produktion wäre beispielsweise für Apple überhaupt eine sinnvolle Option gewesen, ist eine solche Entscheidung seit ein paar Stunden plötzlich wieder obsolet. Zumindest vorläufig, denn keiner weiß, was nächste Woche oder nach Ablauf der genannten 90 Tage-Frist gelten wird. In- und ausländische Investoren müssen jedoch für ihre Investitionsentscheidungen die ökonomischen Rahmenbedingungen kennen und darauf vertrauen, dass sich diese nicht völlig unkalkulierbar abrupt wieder ändern. Bloß weil der Regierungschef der Vereinigten Staaten einer schwer nachvollziehbaren Laune folgt. Oder gelegentlich, wenn es ihm in den Sinn kommt, auch nicht.

Kein verantwortungsvoller Investor kann rationale Entscheidungen treffen, wenn in der Politik Willkür und Chaos regieren. Er weiß ja nicht, ob sich seine Investition am Ende tatsächlich auszahlt, das Risiko wäre viel zu groß und damit unvertretbar. Und wo nicht mehr ausreichend investiert wird, bleibt das Wachstum hinter seinem Potenzial zurück und leidet auf lange Sicht die Produktivität (= Konkurrenzfähigkeit). Trumps Verhalten ist daher Gift für die Wirtschaft. Was für ein Dilettant. Wenn nicht so viele Existenzen davon abhängen würden, könnte man sich über das dargebotene Schauspiel des "größten Dealmakers aller Zeiten" köstlich amüsieren.

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[1] Handelsblatt vom 09.04.2025