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| Archiv | Impressum 12. April 2025, von Michael Schöfer Hätte, hätte, Lieferkette… Oh, wie peinlich! Donald Trump muss schon wieder zurückrudern und nimmt Presseberichten zufolge "bestimmte elektronische Geräte wie Smartphones und Computer von den Zollerhöhungen (...) aus. Ein Dokument der Zoll- und Grenzschutzbehörde listet etwa 20 Produkte auf, darunter auch Festplatten, Halbleiter und Flachbildschirme." [1] Und das generell, also auch dann, wenn die Produkte aus China kommen. Irgendjemand muss ihn darauf aufmerksam gemacht haben, dass die amerikanischen Verbraucher andernfalls massive Preiserhöhungen zu erwarten hätten und die Hersteller die Elektronikgeräte wohl kaum in den USA produzieren könnten. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit und keinesfalls zu den bislang üblichen Verkaufspreisen. Hätte, hätte, Lieferkette… Eine anziehende Inflation kann er aber nicht gebrauchen, schließlich hat er seinen Wählern sinkende Preise versprochen. In der Antrittsrede rief er den Beginn eines "goldenen Zeitalters von Amerika" aus. Was für eine Blamage. Jetzt deuten alle Anzeichen auf Panik bei den Tech-Giganten hin: Apple soll vor der heutigen Ankündigung angeblich "sechs Frachtflug-Charter gebucht haben, um schnellstmöglich 600 Tonnen frische iPhones aus Indien in die USA zu transportieren, um befürchteten Zollerhöhungen zuvorzukommen." [2] Folge von Trumps grotesker Zollpolitik. Der US-Präsident hat anscheinend tatsächlich keinen sorgfältig ausgetüftelten Plan, sondern handelt offenkundig impulsiv. Doch nun fällt sein Kartenhaus peu à peu in sich zusammen. Hoffen wir, dass er uns nicht in den Abgrund mit hineinreißt. Manche sehen am Horizont sogar den Zusammenbruch des Finanzsystems herannahen, weil Trump mit seiner kruden Politik das Vertrauen der Investoren verloren hat. Für Staatsanleihen, die USA sind aktuell mit 37 Billionen Dollar verschuldet, muss die US-Regierung bereits deutlich höhere Zinsen zahlen. Die Refinanzierung könnte daher teurer werden als angenommen. Und ein Zahlungsausfall hätte unabsehbare Konsequenzen für die ohnehin gefährdete Finanzstabilität. Jeder, der sich schon einmal vor den Augen aller gründlich blamiert hat, und wem ist das bislang noch nie passiert, weiß, wie weh das tut. Ein notorischer Angeber wie Trump wird gewiss noch viel mehr darunter leiden, schließlich giert er geradezu nach öffentlicher Anerkennung. Nach eigener Einschätzung ist er ja stets der Größte und der Beste. Aber Trumps großspurigen Ankündigungen fehlt unübersehbar jegliche Substanz, die ökonomische Realität hat sich als stärker erwiesen. Er wäre nicht der Erste, der an ideologischer Verblendung scheitert. Vielleicht merken seine Anhänger langsam, dass er bloß ein aufgeblasener Sprücheklopfer ist, der entgegen dem von ihm erzeugten Image nicht die blasseste Ahnung von Wirtschaft hat. Doch wie wird man Donald Trump wieder los, bevor er noch größeres Unheil anrichtet? Bis zu den Zwischenwahlen im November 2026, so sie denn überhaupt stattfinden, könnte ihn laut Verfassung nur ein Amtsenthebungsverfahren stoppen. Aber das ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Kongress ziemlich unwahrscheinlich, weil in beiden Kammern (Senat und Repräsentantenhaus) seine Claqueure das Sagen haben. Das sollte sämtlichen Wählern von Rechtspopulisten eine Warnung sein: Sind solche Blender erst einmal gewählt, können sie anschließend verdammt viel Schaden anrichten, ohne dass man sie rasch wieder loswird. Leider müssen wir da jetzt durch, es wird uns kaum etwas anderes übrigbleiben. ----------
[1]
tagesschau.de vom 12.04.2025
[2]
Der Standard vom 11.04.,2025
Nachtrag
(14.04.2025):
Abermals eine Rolle rückwärts: Die Befreiung von Smartphones, Laptops und anderen elektronischen Produkten von den Einfuhrzöllen gilt nur temporär. "Trumps Handelsminister Howard Lutnick sagte (...), dass neben Halbleitern auch auf kritische Technologieprodukte aus China innerhalb der nächsten zwei Monate separate neue Zölle erhoben würden. (…) Trump werde in ein bis zwei Monaten 'eine besondere Art von Schwerpunktzöllen' auf Smartphones, Computer und andere Elektronikprodukte einführen, zusätzlich zu sektoralen Zöllen auf Halbleiter und Pharmazeutika." [3] Wann genau was kommt und wie lange das dann gilt - Fehlanzeige! Können Unternehmen in diesem Zollchaos noch vernünftig planen? Natürlich nicht, jetzt herrscht jedenfalls erst einmal wieder großes Rätselraten. Und es ist keineswegs ausgeschlossen, dass es erneut zu Änderung kommt. [3] The Guardian vom 14.04.2025
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