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10. Mai 2025, von Michael Schöfer
Trumpismus à la Merz und Dobrindt


Ich bin entsetzt. Kaum haben der Bundeskanzler und seine Minister geschworen, die Verfassung und das Recht zu wahren und zu verteidigen, verstößt die neue Bundesregierung bewusst gegen das für uns verbindliche Europarecht. Die Anweisung des neuen Bundesinnenministers Alexander Dobrindt (CSU), Asylbewerber an den Grenzen zurückzuweisen, ist nämlich offenkundig rechtswidrig.

Zwar schreibt das nationale Asylrecht vor, Ausländern die Einreise zu verweigern, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat einreisen, doch diese Regelung tritt gemäß Art. 16a Abs. 5 GG hinter völkerrechtlichen Vereinbarungen zurück. Über dem deutschen Asylrecht stehen daher die Regeln der Europäischen Union. Es gilt erstens das Schengener Abkommen, wonach Grenzkontrollen im Schengen-Raum entfallen, und zweitens die Dublin III-Verordnung der EU, die die Zuständigkeit bei Asylverfahren festlegt. Für Letzteres ist demnach der Staat zuständig, über den die Ersteinreise in die Europäische Union stattfindet.

Deutschland müsste also zunächst in einem geordneten Verfahren feststellen, welcher Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig ist. Und da beispielsweise Österreich gar keine EU-Außengrenze hat, kann Österreich dafür auch nicht zuständig sein, folglich ist eine nicht mit dem Nachbarland abgesprochene Zurückweisung von Asylbewerbern an der deutsch-österreichischen Grenze rechtswidrig. Deutschland kann sich auch nicht auf eine "nationale Notlage" berufen, da die öffentliche Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit hierzulande überhaupt nicht gefährdet ist.

Das Verhalten der Bundesregierung folgt dem Vorbild des Trumpismus in den USA: Erst einmal - unabhängig von der konkreten Rechtslage - irgendwelche Anweisungen geben und dann abwarten, ob jemand erfolgreich dagegen klagt. Wenn die Bundesregierung ihre Arbeit gleich mit einem Rechtsbruch beginnt, lässt das nichts Gutes erwarten. Auch Friedrich Merz und Alexander Dobrindt werden hoffentlich bald merken, dass der Wahlkampf vorbei ist und in der Regierungsverantwortung andere Regeln gelten. Und zwar die Gesetze, deren Einhaltung sie geschworen haben.