Home
| Archiv | Impressum 04. August 2025, von Michael Schöfer Trump fährt die USA an die Wand Unternehmen von Donald Trump mussten mehrfach Insolvenz anmelden, trotzdem genießt er bei seinen Wählerinnen und Wählern das Image eines Businessgenies, was allerdings nach Aussage von Russ Buettner und Susanne Craig, beide Journalisten arbeiten bei der New York Times, auf die Reality-TV-Show "The Apprentice" zurückzuführen ist. Bevor Trump diese Show übernahm, steckte er laut Buettner und Craig in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten. [1] Bill Pruitt, Produzent der Reality-TV-Show, bestätigt: "Trump war zu dieser Zeit kein Milliardär. Er hat das zwar behauptet, aber er stand gerade vor seinem fünften Bankrott. Er leitete einen Immobilienkonzern, den er von seinem Vater geerbt und vollkommen heruntergewirtschaftet hatte. Er war im Grunde erledigt. Aber dann kamen die Produzenten einer Reality-TV-Show um die Ecke und fragten ihn, ob er vielleicht Interesse daran habe, die Rolle eines Milliardärs zu spielen, dem absolut alles gelingt." Dort spielte Trump "eine Figur, der man abnimmt, dass sie wirklich weiß, wovon sie spricht." Aber: "Das war alles unsere Erfindung", sagt Pruitt. "Er hat das Beste draus gemacht. Er hat es über zehn Jahre hinweg Woche für Woche in die Wohnzimmer von Millionen Amerikanern geschafft, die glaubten, was wir ihnen da präsentierten." [2] Trumps Wirtschaftskompetenz wäre demnach bloß Fake, nichts als Fake. Überspitzt formuliert könnte man behaupten: Das einzige Unternehmen, das Donald Trump noch nicht an die Wand gefahren hat, sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Dass er sein Land für ein Unternehmen hält, zeigt sein Verhalten als Präsident, insbesondere die Massenentlassungen, die vom Department of Government Efficiency (DOGE) umgesetzt werden. Er ist daher, nicht zuletzt durch seine erratische Zollpolitik, auf dem besten Weg, auch die USA an die Wand zu fahren. Was braucht man in der Wirtschaft ganz besonders? Richtig, Vertrauen. Das Vertrauen, nicht übers Ohr gehauen zu werden, weil sich die Geschäftspartner an die Regeln halten. Und falls doch nicht, das Vertrauen in die Existenz einer unabhängigen Justiz, die die Regeln bei Bedarf auch energisch und unparteiisch durchsetzt. Anleger sind nämlich nur bereit zu investieren, wenn sie eine verlässliche Kalkulationsbasis haben, also etwa, dass die Regeln von heute auch morgen noch gelten und nicht willkürlich geändert werden. Um korrekt kalkulieren zu können, braucht man obendrein vertrauenswürdige Daten, wofür wiederum Statistikbehörden zuständig sind. Donald Trump hat an alldem die Axt angelegt. Der US-Präsident bevorzugt eine willfährige Justiz, ändert die Regeln je nach Laune über Nacht und will jetzt offenbar auch statistische Daten manipulieren. Vom Druck auf die Unabhängigkeit der Federal Reserve ganz zu schweigen. Soeben hat Donald Trump die Kommissarin für Arbeitsstatistik im Bureau of Labor Statistics (BLS), Erika McEntarfer, entlassen. You're Fired, wie einst in "The Apprentice". Grund: Die von ihr veröffentlichten Zahlen zum Beschäftigungswachstum gefielen ihm nicht, weil sie zu niedrig ausfielen. Konkreter Anlass war, dass McEntarfer eine Korrektur der Zahlen nach unten vornahm, was freilich in Statistiken bei Vorliegen neuer Daten völlig normal ist. Trump unterstellt ihr jedoch offenbar eine "politische" Korrektur, um seine Wirtschaftspolitik in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Klassischer Fall von "Sozialer Projektion": Man unterstellt anderen, sich so zu verhalten, wie man selbst gehandelt hätte. Und dass Donald Trump mit der Wahrheit auf Kriegsfuß steht, ist schließlich überall bekannt. Der Schuss könnte diesmal jedoch nach hinten losgehen, denn McEntarfers Entlassung untergräbt das Vertrauen in die Qualität der Wirtschaftsdaten. Andreas Georgiou, kurzzeitig Chef der griechischen Statistikbehörde ELSTAT, korrigierte 2010 nach seinem Amtsantritt die falschen Angaben seiner Behörde für das Etatdefizit von 3,9 auf 15,4 Prozent. Die Angaben zur griechischen Staatsverschuldung waren frisiert, was er damals offiziell bestätigte. Doch obwohl Georgiou die Wahrheit gesagt hatte, wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt. Auch die türkische Statistikbehörde TÜİK stand wiederholt in Verdacht, die wahre Höhe der Inflation zu verschleiern. Solche Torheiten sind also nicht auf die USA begrenzt. Aber der jetzige Vorgang zeigt natürlich, auf welches Niveau die USA mittlerweile gesunken sind. Das ist Gift für die Investoren und deshalb auch Gift für die amerikanische Volkswirtschaft. Wenn Trump so weitermacht, ist das Vertrauen der Wirtschaft bald völlig hinüber. Nun, wie bereits gesagt, die USA sind vielleicht das einzige Unternehmen, dass Trump noch nicht an die Wand gefahren hat. Aber er bemüht sich nach Kräften. ----------
[1]
Süddeutsche vom 07.10.2024 (Paywall)
[2] Süddeutsche vom 18.10.2024 (Paywall)
|