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20. Februar 2007, von Michael Schöfer
Hexenjagd


Der Republikaner George W. Bush steht seit den Kongresswahlen mit dem Rücken zur Wand. Inzwischen billigt nur noch eine Minderheit der Bevölkerung Bushs Kurs, nun muss er darüber hinaus gegen eine demokratische Mehrheit im Zwei-Kammer-Parlament ankämpfen. Die Niederlage im Irak ist wohl kaum abzuwenden: Von einer beginnenden Demokratisierung in Nahost ist weit und breit nichts zu sehen, die hehren Absichten verbrennen im Bombenhagel der Aufständischen zu Asche. Bagdad ist Bushs Waterloo. Er hinterlässt freilich nicht nur einen außenpolitischen Totalschaden, sondern hat beim Haushaltsdefizit einen veritablen Blechschaden verursacht. Die Ära Clinton endete mit einem Haushaltsüberschuss von 237 Mrd. Dollar, Bush hingegen schloss das Fiskaljahr 2006 (bis 30. September) mit einem Defizit von 248 Mrd. Dollar ab.

Wenn sich jemand in die Enge getrieben fühlt, zumal einer vom Schlage George W. Bush, wird’s gefährlich. Um den Widerstand gegen seine illusorische Politik zu brechen, scheint jedes Mittel recht zu sein. So hielt beispielsweise der republikanische Kongressabgeordnete Don Young vor kurzem anderen Abgeordneten ein vermeintliches Zitat von Abraham Lincoln vor: "Kongressabgeordnete, die in Kriegszeiten absichtlich dazu beitragen, die Moral der Streitkräfte zu unterminieren, sind Saboteure und sollten festgenommen, verbannt oder gehängt werden." [1] Starker Tobak, da fühlen wir doch gleich an die düstere McCarthy-Ära erinnert. Die Demokraten als "fünfte Kolonne" Al-Qaidas? Gut möglich, dass Bush eine innenpolitische Hexenjagd beabsichtigt, um weiterhin seine Ziele verfolgen zu können. Bei einem Präsident, dessen Intelligenz auf wunderbare Weise mit seiner Wahrheitsliebe korrespondiert, ist nichts auszuschließen.

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[1] deutsche Übersetzung von Politblog.net und engl. Original newsminer.com