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11. Juli 2008, von Michael Schöfer
Wachsende Belastung der Arbeitnehmer


Als seien die Arbeitnehmer nicht schon genug durch die stark steigenden Energie- und Lebensmittelpreise belastet, bekommen sie von der schwarz-roten Bundesregierung via Sozialabgaben ständig noch eins draufgepackt. So hat jetzt etwa meine Krankenkasse angekündigt, den Beitragssatz zur Krankenversicherung zum 1. Juli 2008 um 0,8 Prozentpunkte (von 13,7 auf 14,5 Prozent) zu erhöhen. Aber damit ist noch lange nicht Schluss, sie hat mich nämlich sanft darauf vorbereitet, dass der Krankenkassenbeitrag Anfang nächsten Jahres abermals um voraussichtlich 0,9 Prozentpunkte steigt, denn dann kommt der sogenannte Gesundheitsfonds, der einen von der Politik festgelegten Einheitsbeitragssatz vorsieht und meiner Krankenkasse zufolge bei 15,4 Prozent liegen soll (laut Spiegel-Online sind es sogar 15,6 Prozent). Unterschiede zwischen den einzelnen Krankenkassen gibt es danach bloß noch über das Angebot an Zusatzleistungen.

Hat man Pech und ist bei einer unwirtschaftlich arbeitenden Krankenkasse, darf sie darüber hinaus einen Zusatzbeitrag (bis zu 1 Prozent des Einkommens) einziehen. Letzteren zahlen übrigens die Versicherten allein, für die Arbeitgeber wird mit der Einführung des Gesundheitsfonds deren Anteil am Beitrag zur Krankenversicherung also faktisch eingefroren. Dank der segensreichen Politik unserer Bundesregierung (Achtung: Ironie) darf ich ohnehin schon 0,9 Prozentpunkte mehr bezahlen als die Arbeitgeber. Dieser "Sonderbeitrag" der gesetzlichen Krankenversicherung wurde 2005 von Rot-Grün mit dem GKV-Modernisierungsgesetz eingeführt und dadurch die Abkehr vom Prinzip der paritätischen Beitragsfinanzierung eingeleitet. Profitiert haben davon ausschließlich die Arbeitgeber.

Theoretisch könnten wirtschaftlich arbeitende Krankenkassen Beiträge natürlich auch zurückerstatten, doch halten das Experten in der Praxis für unwahrscheinlich. Am 1. Juli 2008 stieg außerdem der Beitragssatz zur Pflegeversicherung, und zwar um 0,25 Prozent (für Kinderlose sogar um 0,5 Prozent). Mit anderen Worten: Die Arbeitnehmer werden weiterhin mit einer steigenden Abgabenlast zu kämpfen haben (die Reduzierung bei der Arbeitslosenversicherung hat die dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung aufgesogen). Von wegen mehr Netto vom Brutto, das ist reine Wahlkampfrhetorik, offenbar liegt der Politik das Wohlergehen der Arbeitgeber mehr am Herzen.

Kein Wunder, wenn der von der Kaufkraft der Konsumenten abhängige Binnenmarkt seit Jahren dahindümpelt. Regelmäßig sieht etwa die GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) die Kaufkraft steigen - und ebenso regelmäßig muss sie ihre Prognosen wieder revidieren. "Die deutschen Verbraucher werden im Jahr 2008 durchschnittlich rund 700 Euro mehr Konsumpotenzial haben als im laufenden Jahr. Die Kaufkraft wächst mit rund 3,8 Prozent deutlich stärker als die Inflation", prophezeite sie beispielsweise im Dezember 2007. "700 Euro mehr zum Leben im Neuen Jahr", tönte sie damals großspurig. Und was ist davon nach einem halben Jahr geblieben? Nichts! "Konsumfrust statt Konsumlust", titelte die FAZ im Juni. Woher soll die Belebung auch kommen? Ein gesetzlicher Mindestlohn könnte für Belebung an der Konsumfront führen, doch genau das bekommt die Regierung nicht auf die Reihe. Wir werden folglich weiter mit der Flaute auf dem Binnenmarkt leben müssen. Wenn jetzt noch der befürchtete Einbruch beim Export hinzukommt...

Nachtrag (05.10.2008):
Der Beitrag für die gesetzlichen Krankenkassen steigt im kommenden Jahr auf 15,5 Prozent.