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26. Juli 2011, von Michael Schöfer
Alles bloß ein Hollywood-Streifen


Liest man die aktuellen ökonomische Rahmendaten der USA, einen hervorragenden Überblick bietet zum Beispiel der Blog "Querschüsse", kann einem angst und bange werden. Und am 2. August ist endlich "High Noon" angesagt, der große Showdown auf dem Capitol Hill in Washington D.C. Diesmal jedoch nicht mit Gary Cooper und Grace Kelly in den Hauptrollen, beide haben schon das Zeitliche gesegnet, sondern mit Barack Obama und dem hierzulande vergleichsweise unbekannten John Boehner, der die Rolle des Schurken ergattern konnte.

Die Anspielung auf einen der größten Western der Filmgeschichte ist gewollt, denn ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir uns in einem glänzend inszenierten Hollywood-Schinken (Titel: "Die Welt am Abgrund") befinden und der Film am Ende mit dem Platzen der US-Schuldenblase einfach aufhört. Die Fortsetzung ist, wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautete, bereits in Planung. Projektname: "Die Welt im Abgrund." Also, keine Panik bekommen und vor allem keinen "Bank Run" oder ähnlich törichte Dinge tun. Die Krise ist bloß gespielt. Die suggestive Kraft des Streifens bewegt sich allerdings auf dem gleichen Niveau wie Orson Welles' Inszenierung "Krieg der Welten". Bekanntlich löste das Radio-Hörspiel damals eine Massenpanik aus. Vollkommen grundlos, wie wir wissen. Die Marsmännchen gab es 1938 ebenso wenig wie uns heute der globale Crash droht.

Bestimmt gehen im Kino gleich die Lichter an und wir kehren zurück in die reale Welt, in der die westlichen Industriestaaten Haushaltsüberschüsse erwirtschaften, die USA Handelsbilanzüberschüsse produzieren und fast überall Vollbeschäftigung herrscht. Entgegen der im Film gezeigten Liberalisierung der Finanzmärkte will die EWG weiterhin an Kapitalverkehrskontrollen festhalten. Auch das Erstarken von China ist lediglich eine Fiktion, das Land steckt in Wahrheit noch immer mitten in der Kulturrevolution und kann froh sein, wenn es ein paar rote Mao-Bibeln exportieren kann. Griechenland erlebt gerade einen Tourismus-Boom ohnegleichen, der die Athener Staatskasse buchstäblich überquellen lässt.

Das ganze Chaos ist eine gut gemachte Hollywood-Illusion. Hundertprozentig! Sie werden gewiss zustimmen: Die Rolle des US-Präsidenten ist hervorragend besetzt, der Schauspieler bringt das total glaubwürdig rüber. So, als sei er tatsächlich der Amtsinhaber. Weltklasse, Obama hat zweifellos einen Oscar verdient (im Film bekommt er ja den Friedensnobelpreis). Und wo hat man nur die vielen überaus talentierten Schauspieler gefunden, die die Protagonisten der Tea-Party-Bewegung spielen? Mindestens genauso glaubwürdig wie der Präsidenten-Darsteller. Dieser absolut realistisch gespielte Fanatismus, das fast schon übertrieben zu nennende primitive Schwarz-Weiß-Denken. Und erst dieses ans Irrationale grenzende Wirtschaftsprogramm der Republikaner. Einzigartig! Das gibt es nur in Hollywood. Großes Kino, finden Sie nicht auch? Im wirklichen Leben kann so etwas natürlich nicht passieren.

Seien Sie unbesorgt, bestimmt gehen im Kino gleich die Lichter an...