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17. Juni 2017, von Michael Schöfer
Wenig Interesse an der Anti-Terror-Veranstaltung


Das ist natürlich furchtbar enttäuschend: Zu der Anti-Terror-Veranstaltung der Muslime in Köln ("Nicht mit uns - Muslime und Freunde gegen Gewalt und Terror") kamen zur Auftaktkundgebung nicht wie erhofft 10.000 Teilnehmer, sondern lediglich 200 bis 300. Am anschließenden Friedensmarsch nahmen ungefähr 1.000 teil. Das sind viel zu wenig. In Köln hat jeder dritte Einwohner einen Migrationshintergrund - nahezu 400.000 Menschen. Unter ihnen sind Menschen mit türkischen Wurzeln mit Abstand die größte Gruppe. In der Stadt leben also genug Muslime, um eine eindrucksvolle Demonstration zustande zu bekommen.

Doch der Terror, der im Namen der Muslime verübt wird, interessiert offenbar nur eine kleine engagierte Minderheit. Ist es wirklich bloß Desinteresse? Nach gelungener Integration sieht das Ganze jedenfalls nicht aus. Zum Vergleich: Im Juli 2016 demonstrierten in Köln 40.000 Menschen für Erdogan. Befremdlich: Ein Zeichen gegen den islamistischen Terror zu setzen ist offenbar unmöglich, Unterstützung für einen Autokraten zeigen, der die Menschenrechte mit Füßen tritt, dagegen schon.

Der Terror der RAF im Deutschland der siebziger Jahre scheiterte vor allem an der mangelnden Akzeptanz in der Bevölkerung, Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll sprach zu Recht vom "Krieg der sechs gegen sechzig Millionen". Die RAF hatte nicht die geringste Chance, den von ihr erklärten Krieg gegen den Staat zu gewinnen. Die Erleichterung auf die erfolgreiche Befreiung der Passagiere des entführten Lufthansa-Flugzeugs "Landshut" in Mogadischu durch die GSG-9 sprach Bände. Es ging ein spürbares Aufatmen quer durch alle Schichten der Bevölkerung. Genau diese Stimmung scheint bei den Muslimen in Deutschland zu fehlen.

Die Geschichte im Verhältnis des Westens zu den Muslimen ist zweifellos wesentlich komplexer als der ideologische Hintergrund der RAF und dauert nun schon fast 1.400 Jahre. Trotzdem müssten sich die Muslime viel stärker gegen den religiös verbrämten Terror positionieren, nicht bloß ein paar gut integrierte Künstler, Funktionäre oder Literaten. In Köln haben sie diesbezüglich gerade eine Chance verpasst.