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08. September 2016, von Michael Schöfer
Merkels Kurs in der Flüchtlingsfrage einleuchtend


Dass CDU und CSU Schwesterparteien sind, merkt man derzeit kaum. Obgleich ja Zank zwischen Geschwistern gar nicht so selten ist. Was will die CSU mit ihrer beinharten Kritik an der Kanzlerin eigentlich erreichen? Dass Merkel gut ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik radikal ändert? ("Sorry, war nicht so gemeint!") Oder dass Merkel ankündigt, nicht mehr Kanzlerkandidatin werden zu wollen? ("Nu da machd doch eiern Drägg alleene.") Vielleicht sogar den vorzeitigen Sturz der Kanzlerin? (Ob es dafür im Bundestag eine Mehrheit gibt, wage ich zu bezweifeln. Es gilt nämlich die Verfassung, nicht der Wille Seehofers.)

In der Union drängt sich momentan ohnehin niemand auf, der sie ersetzen könnte. Merkel ist zwar im Stimmungstief, steht jedoch in der Gunst der Bevölkerung immer noch knapp vor Seehofer. Der Kreis der möglichen Ersatz-Kanzlerkandidaten ist obendrein überschaubar, deren Siegchancen ebenso. Wolfgang Schäuble? Zu alt und durch die Spendenaffäre vorbelastet. Ursula von der Leyen? Zu unbeliebt. Thomas de Maizière? Zu bedächtig. Horst Seehofer? Auch Du, mein Sohn Brutus?

Ich habe noch nie und werde wohl auch nie CDU wählen, meine Begeisterung über die Politik von Angela Merkel hielt sich bislang in engen Grenzen. Doch m.E. hat sie im zurückliegenden Jahr mächtig an Statur gewonnen. Ich finde ihren der Vernunft folgenden Kurs in der Flüchtlingsfrage einleuchtend. Und dass sie an ihren Prinzipien festhält und sich davon auch durch das Gebrüll der CSU nicht abbringen lässt, imponiert mir. Aber wie gesagt, ich bin kein CDU-Wähler, die werden das eventuell ganz anders sehen. Wenn ich nur die Wahl zwischen Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel hätte, würde ich jedenfalls Merkel wählen. Leider ist sie in der falschen Partei.