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26. August 2023, von Michael Schöfer
Am Ende sind wir nichts als Sternenstaub


Das Leben ist so absurd, kaum öffnen wir die Augen, müssen wir sie auch schon wieder schließen. Das ist, zumindest gemessen an der schier unfassbaren Existenz des Universums, nicht einmal ein kleiner Wimpernschlag der Ewigkeit. Wie wir uns in jungen Jahren anstrengen, Besitz zu erwerben - bloß um im Alter zu erkennen, dass uns dieser nutzlose Tand eigentlich nur belastet, lächerlich und vollkommen irrelevant ist. Das meiste davon werfen unsere Kinder ohnehin gedankenlos auf die Müllkippe. Nicht schlimm. Oder glaubt jemand tatsächlich, dass sie die geerbten Bücher über die Wirtschaftspolitik der achtziger Jahre lesen werden? Nicht wirklich. Oder die akribisch eingeklebten Bilder in Fotoalben anschauen? Absolut langweilig! Genauso wie die Super 8-Filme vom Urlaub, die sorgsam zusammengestellten Dia-Magazine für Familienfeiern oder die am Radio selbst aufgenommenen Musikkassetten. Wen interessiert das noch? Keinen! All das ist ohne jede Bedeutung. Ein ehemaliger Mitschüler hat einst Rocksongs mit dem damals sündhaft teuren Grundig-Tonbandgerät aufgenommen, keiner von uns konnte sich das auch nur annähernd leisten. Wahrscheinlich verseuchen die Bänder heute irgendwo das Grundwasser.

Wie wir uns anstrengen, unserer im Grunde völlig belanglosen Existenz einen tieferen Sinn zu verschaffen. Bloß kein Tropfen im Ozean sein, sondern aus der Masse herausragen. Irgendwie. Ruhm und Ehre? Ja, ja, aber in der Regel total deppert. Auf der PlayStation fünfmal hintereinander die Champions League gewinnen? Hurra! Und das war es dann? Einfacher gelingt Eindruck schinden mit dem großen SUV, man sollte nur nicht darüber nachdenken. Unsere Ziele - wie viele haben wir verwirklicht, wie viele stellten sich als Selbstbetrug heraus? Ein scheinbar erfülltes Arbeitsleben, zum Schluss gibt es dafür immerhin eine Urkunde, die kann man sich daheim an die Wand hängen. Bravo! Vergeudete Zeit auf bedrucktem Papier verewigt. Aber wir sind ja bekanntlich schon mit Kleinigkeiten zufriedenzustellen. "Wir werden Sie nie vergessen", heißt es pathetisch. Doch die Kollegen fragen sich bereits nach ein paar Monaten: Wie war gleich nochmal sein Name? Äh… Einziger Trost: Das fragen sie sich bei fast allen Kollegen ebenso. Nur die Kotzbrocken, die bleiben kurioserweise im Gedächtnis haften. Wie ungerecht! Die ewige Liebe? Mehr als ein Drittel der Ehen werden geschieden, ein weiteres Drittel hält es in der Ehehölle aus, das restliche Drittel bildet sich ein, miteinander glücklich zu sein. Wenigstens ein Lichblick.

Nüchterne Erkenntnis: Alles ist vergänglich, und am Ende sind wir nichts als Sternenstaub. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, mehr gibt es dazu nicht zu schreiben. Punkt. Ende. Aus.